Dienstag, 24. Mai 2005

Zahl-Tag

Oder: wie ich mir einen All-Tag schön bastele

tourist

69 km
In 62 Minuten gefahren
14,5 Grad auf dem Thermometer, 16 Grad gefühlt
13 Regentropfen auf der Windschutzscheibe
17 Ampeln - 12 rot, 5 grün
7 Seiten Zeitung überflogen
92 LKWs
8 Baustellen
5 meine (nicht vorhandene) Stoßstange knutschende Supermänner, Superfrauen und eine Superomi passieren lassen, in der sicheren Annahme, dass sie alle so fürchterlich eilig unterwegs sind, weil sie heute noch die Welt retten müssen
6-mal im Reißverschlusssystem eingefädelt
4 hübsche Firmennamen bei LKW-Beschriftungen gelesen und damit eine Kopfkino-Szene gedreht („Zehendick“, „Rheinkraft“, „Beständig“, „Nageln“ – Fragen? Fragen!)
1 Stück Musik in Dauerschleife gehört: Rose Rouge (Ludovic Navarre / St Germain: Tourist) und dabei Schlagzeug auf dem Lenkrad gespielt

Und morgen mache ich auf der gleichen Strecke das Nuhr-Experiment „So ist der Mensch“ zu Mashin’ on the Motorway (DJ Shadow: The Private Press).

Mittwoch, 11. Mai 2005

Frauen, Autos, rock and roll

karmann


Zart ist sie, die junge Dame, die mich nach Hause fährt. Zart und hübsch. An ihrem cremefarbenen Rollkragenpulli (9 Grad im Mai - Recht hat sie!) zeichnet sich ein dunkler Make-up-Rand ab und ich wundere mich, wie so ein hübsches, pickelloses junges Ding mit kaum erkennbaren Poren auf die Idee kommt, sich zwei Tuben Make-up aufs Gesicht zu spachteln. Kaum sitzen wir im Wagen, erzählt sie mir, dass sie für einen Fahrer eingesprungen ist, der gerade nicht da ist, nur damit ich nicht so lange warten muss. Und dass sie sich hier überhaupt nicht auskennt, weil sie ganz woanders wohnt und hier nur arbeitet und dass sie sowieso ein furchtbar schlechtes Orientierungsvermögen hat. Sie biegt vom Hof des Autohauses auf die Hauptstraße, gibt Gas, lässt die Kupplung zu früh kommen und wir hüpfen auf die Hauptstraße. Ihre Nase berührt nun fast das Lenkrad während ihr rechter Fuß offenbar Berührungsängste mit dem Gaspedal hat.
Da! Es geht voran, ruckelnd zwar, doch Meter für Meter wird das hübsche junge Ding hemmungsloser, tritt die Pedale noch etwas unkoordiniert, doch immerhin, sie tritt sie. Die nächste Ampel kommt bestimmt und ich freue mich auf ihren zweiten Anfahrversuch mit dem Wagen, der viel zu groß und unübersichtlich für sie ist.
Während wir holpern und ruckeln und schleichen erzählt sie mir, dass sie Schwierigkeiten hat, sich den Weg von der Berufsschule in die Firma zu merken. Den Weg von zu Hause zur Firma findet sie inzwischen allerdings problemlos, sagt sie und strahlt mich mit blanken Zähnen glücklich an, um sogleich den Kopf hektisch wieder zur Fahrbahn zu wenden, weil ich just in dem Augenblick sage „Nach der nächsten Ampel links, bitte.“ Dass diese Aktion einen Spurwechsel beinhaltet, war mir nicht bewusst. Spurwechsel, weia. Ich spüre die Fahrlehrerin in mir und überlege einen Moment zu lang, ob ich sagen soll „Blinker setzen, über die linke Schulter …“. Ich schweige und sie tut's, einfach so. Von wegen Blinker und Schulterblick: Jetzt gibt sie Gas, das Luder, und wie! Im Rückspiegel kann ich gerade noch einen Blick auf einen jungen Mann im aufgemotzten 2er-Golf (so was gibt’s noch?) erhaschen, der wütend die rechte Faust gen Windschutzscheibe reckt.
Für einen kurzen Moment scheint sie nun Herrin der Pedale, scheint zu spüren, was der flotte V8 von ihr will und tritt und kuppelt und bremst was das Zeug hält. Wir gleiten elegant zwei, drei Kilometer dahin. Sie erzählt von ihrer Fernbeziehung, die sie vor eineinhalb Jahren endlich aufgegeben hat und von Bremen hierher zu ihrem Freund gezogen ist und davon, dass sie sich inzwischen sehr wohl hier fühlt und nie wieder zurück möchte.
Die nächste Ampel droht mit Rot, doch die Glücksgefühle ob des Gleitens und der Gedanken an Freund und Freude machen das junge Ding offenbar für ein paar Sekunden farbenblind. Sie erschrickt und tritt auf die Bremse. Abrupt, besser noch: Sehr abrupt kommen wir zum Stehen. Sie lächelt mich an, ich lächle zurück und sage „Na, jetzt haben wir es ja bald geschafft,“ und fühle mich irgendwie komisch bei diesem Satz. Doch sie lächelt nun noch mehr und möchte wissen, wie lange es noch dauert bis wir dort sind, wo ich hin gebracht werden möchte. Und ob sie denn von dort aus auch wieder einfach in die Firma zurück findet. Sie lächelt und lächelt und wir ruckeln über die Kreuzung und ich beschließe, mich ein paar Hundert Meter vor meinem Ziel absetzen zu lassen, so dass das junge Ding nur einmal abbiegen muss, um geradewegs wieder im sicheren Hafen ihrer Firma zu landen. Ich teile ihr diesen Beschluss mit, sie strahlt. Ich sage "Hier, bitte,", sie strahlt noch mehr und bremst.
Überglücklich verabschieden wir uns voneinander. Wäre da nicht dieses „Kundin-Firma“-Ding zwischen uns, hätten wir uns umarmt, auf offener Straße, einfach so. Da bin ich mir ganz sicher.
Ich laufe nach Hause und freue mich darauf, dass ich meinen Wagen bald wieder haben werde, Gas geben kann ohne diesen sporadischen doch sehr nervigen Druckabfall an der Lader-Drosselklappe, dass die Einspritzanlage - Lambda Global sei dank - bald wieder blitzblank ist und ich spätestens morgen früh über die Autobahn düsen kann während Herrn Shadows Fixed-Income-Live-Mix aus den Lautsprechern blubbert: „… losing your seat belt … let’s rock and roll …“

Montag, 9. Mai 2005

Himmel, Hölle, Regen, Rap

mc_feet_900

Es regnet, unaufhörlich. Hier und heute. Hmm, Regen? Da war doch was. Mit Regen beginnt MC 900 FT Jesus’ One Step Ahead Of The Spider … und, wen wundert’s, mit Regen endet die Platte auch. Dazwischen? Himmel! Hölle! Was macht Herr Griffin da? Eines ist sicher: zwischen erstem und letztem Tropfen ist die Platte alles andere als Geplätscher.
Das erste Stück „New Moon“ klingt verschroben, schräg, 70er-Jahre-psychadelic-spirituell und erinnert an Miles Davis legendäres Bombast-Werk Bitches Brew.
Ich wünsche mir genau jetzt zwei 1210er und sowohl Herrn Griffins One Step Ahead Of The Spider wie auch Herrn Davis Bitches Brew auf Vinyl, um dann hin- und her zu hören und übereinander zu legen …
Was Miles Davis via Trompete macht, das erzeugt Herr Griffin mit seiner Stimme. Rap? Sprechgesang? Ja, nein, vielleicht: Vielmehr: Mark Griffin erzählt. Abstruse, seltsame kleine Geschichten. Klar, zynisch, gegenläufig und auch im Einklang zu Bass, Schlagzeug, Percussion, Gitarre, Bläsern, Klavier und Keyboard (höre ich da nicht ein Fender Rhodes?) erzählt Mark Griffin. Spätestens bei „New Year’s Eve“ ärgere ich mich ein wenig darüber, nicht wirklich jedes Wort zu verstehen. Egal, das vorletzte Stück „Bill’s Dream“ ist so unendlich dicht, so treibend, so *uuuuh* - und Herr Griffin (ja, es ist Herr Griffin, der hier die Trompete bläst, ich habe das Booklet extra noch einmal nach dem Namen Davis durchforstet) versöhnt mich dank dieses reinen Instrumental-Stücks mit meinen mangelhaften Englisch-Kenntnissen.
Draußen: Regen, immer noch. Drinnen: Repeat, die Erste.

Mittwoch, 4. Mai 2005

Ich bin ein Kloß




Kloß im Hals - kennst du das Gefühl?
Hatte ich, wochenlang, immer wieder. Jetzt ist er tiefer gerutscht, der Kloß. Hat sich dick und fett ums Herz gelegt. Komisches Gefühl.
Ein kleines Stückchen Kloß hat sich dabei irgendwie auch nach oben verirrt, ins Hirn geschoben. Noch viel komischer, dieses Gefühl.
Herz im Kloß und Kloß im Kopf. Was tut man da? Zum Arzt gehen und sagen: „Helfen Sie mir, ich bin ein Kloß!“? Weia …

Dienstag, 3. Mai 2005

Fred





Fred friert. Er friert immer. Fred zieht sich die üppige Daunendecke bis ans Kinn heran, um gleich wieder seine Arme unter der Decke dicht neben seinen Körper zu legen. Freds Kinn ist borstig, kleine rotblonde Bartstoppel sprießen überall aus seinem Kinn, seinen Backen, seinen Wangen und auf den wenigen Zentimetern Haut zwischen Nase und Oberlippe.
Zufrieden, weil er die Wärme spürt, die seinen Körper entlang krabbelt, schließt Fred seine Augen.
Ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Ohne seine Zähne auch nur einen Millimeter zu entblößen, zieht er seine Mundwinkel bis fast zu seinen Ohren hinauf. Einen Augenblick lang wirkt es, als würde er seine Lippen zusammen pressen. Sie sind voll, fast perfekt, ja, fast zu schön für den Mund eines Mannes.
Noch mehr als Freds Mund grinsen seine Augen. Können Augen grinsen? Können geschlossene Augen grinsen? Sieben Falten, jeweils links und rechts von Freds grünblauen Augen, sind Beweis, dass Augen grinsen können. Freds Augen können grinsen.
Er öffnet sie. Schaut an die Zimmerdecke. Dann dreht er seinen Kopf langsam nach links. Da liegt sie. Sie, Grund für Freds Grinsen. Grund für seine Zufriedenheit.
Nichts wärmt sie, kein Nachthemd, keine Unterwäsche, keine Decke. Nackt liegt sie im Bett neben Fred, dicht neben ihm, einzig die Decke trennt Körper von Körper. Sie friert nicht. Sie friert nie. Sie liegt auf dem Bauch, den Kopf zu Fred gewandt, ein Bein angewinkelt. Die Augen geschlossen, das Haar zerzaust. Ihre Haut ist weiß. Weiß wie das Laken in Freds Bett.
Fred grinst sie an. Er beugt sich über ihr Gesicht und setzt seine Lippen sanft auf ihre Wangen. Seine Nase berührt dabei ihre Lider, der Duft ihrer Haut entlockt ihm ein leises „Hmm.“ Er legt sich zurück und schließt seine Augen.
Sie öffnet die Augen. Sie lächelt. Sie sieht Fred unter der üppigen Decke, sieht sein Grinsen.
„Lass uns frühstücken“, sagt sie.
„Frühstücken, duschen, wieder ins Bett“, antwortet er.
„Duschen, frühstücken, wieder ins Bett“, sagt sie.
„Egal“, sagt er.

Fred, der bis eben noch nahezu unbewegt unter seiner dicken Decke lag, ertastet mit seinen Händen ihren Körper. Über ihren Po den Rücken hinauf bis zu ihrem Kopf lässt er sie gleiten, packt sie an den Haaren, fast grob ist sein Griff. Er zieht ihren Kopf ein wenig weg von seinem, schaut ihr mit weit geöffneten Augen ins Gesicht, so als könne er nicht glauben, was mit ihm geschieht. Als wolle er Distanz zu ihrem Körper, ihrem Kopf, ihrem Wesen schaffen, um begreifen zu können, dass Nähe wirklich ist.

Montag, 2. Mai 2005

groovy


Simpel, schnörkellos und schön: Mike Flowers und seine Pops lassen mich den Montags-Blues vergessen und verwandeln mein träges Hirn in einen groovy place.
Dauerschleife: „Wonderwall“; „Light My Fire“ und „1999“.
Interlude = Tagesmotto: „Sie interpretieren!“ - yeah!

Blogistin im Wunderland

… oder: Abwarten, was der Mai so bringt. Und Tee trinken. Earl Grey, kannenweise.

„Up above the world you fly,
like a tea-tray in the sky.
Twinkle, twinkle …“

Und bis ich mein persönliches weißes Kaninchen gefunden und die Fährte gen Logik aufgenommen habe, freue ich mich heute schon an den Absurditäten des Alltags. Guten Morgen, Montag.

Freitag, 29. April 2005

Hulkkonens Horn verleiht Flügel

Ich mochte es schon immer, bei Rabih Abou Khalil genauso sehr wie bei Herrn Brönner: das Flügelhorn.
Und jetzt präsentiert Jori Hulkkonen auf seinem neuem Album Dualizm eines. Fein - gekauft. Dualizm ist völlig anders als die beiden Vorgänger-Alben, die bei mir in der Ecke „bisschen House, fast schon Techno und ein klitzekleiner Hauch Jazz" (jajaja, „echte“ Cordhosen-Jazzer schlagen jetzt die Hände über dem Kopf zusammen - mirdochegal) stehen.
Dualizm erinnert mich bisweilen an The Cure, manchmal an Visage und immer wieder an Jimi Tenor. Kein Wunder, Herr Hulkkonen ist Finne wie Herr Tenor eben auch. Und das sagt eigentlich alles. Finnen sind schräg, anders.
Was Herr Tenor beispielsweise auf Beyond the Stars musikalisch sehr aufmerksamkeitsstark nach außen trägt - live übrigens genauso extrem gut wie auf Platte (live zum Beispiel: 13.5. - Krefeld - hingehen!) - das macht Herr Hulkkonen auf Dualizm verträumter, melancholischer, leiser und doch sehr treibend. Auf Dualizm gibt’s simple, hübsche Synthie-Pop-Melodien, fast schon klassisches Klavier, viel Streicher, untermalt von hübschem Blubber-Bass und aufmüpfigen 80er-Jahre Vocals … und vor allem Flügelhorn!
Perfekte Platte für ich-geb-Gas-Tage auf leerer Autobahn oder die Momente, wenn der Schreibtisch voll ist und die Gedanken genauso Wolken verhangen sind wie der Himmel.

himmel_duisburg

Mittwoch, 27. April 2005

Ich brauche Bass!

bass

Berglunds Bass. Er zupft ihn wundervoll. Lässt ihn via Verzerrer klingen wie irgendeine fiese Schweinegitarre, scheint die ganze Kraft seiner Arme zu übertragen auf die Saiten seines Basses. Kehrt zurück, plötzlich und unendlich sanft, zur treibenden Melancholie des Herrn Svensson am Klavier.
Gedanklich gehe ich sie durch, meine Lieblingsstücke des Trios, um mal wieder festzustellen, dass auf all ihren Platten gut die Hälfte aller Stücke meine Lieblingsstücke sind.
Beispielsweise, für heute:
Elevation Of Love (Seven Days Of Falling - Esbjörn Svensson Trio)
Did They Ever Tell Cousteau? (Seven Days Of Falling - Esbjörn Svensson Trio)
The Wraith (Good Morning Susie Soho - Esbjörn Svensson Trio)
The Face Of Love (Good Morning Susie Soho - Esbjörn Svensson Trio)
… und: Jellyfishes. Ausnahmsweise mal nur Herr Berglund, zusammen mit Koop (Sons Of Koop)

blogistin

Fantasie, Fiktion, Fraktales

Ich will ...

 

War was?

Dankeschön, Ich suche...
Dankeschön, Ich suche noch den Feudel.
blogistin - 6. Dezember, 09:12
Hui, das waren fast 288...
Hui, das waren fast 288 Wochen. Welcome back!! Und...
NeonWilderness - 6. Dezember, 00:27
Huch!
Nach ein paar Wochen Urlaub nach Hause kommen, keiner...
blogistin - 6. Dezember, 00:14
oha
oha
blogistin - 30. Mai, 15:37
… achach, ebenso, herz&gut. Wir...
… achach, ebenso, herz&gut. Wir sehn uns :-*
blogistin - 30. Mai, 15:36
baba
baba
boomerang - 30. Mai, 15:07
Ach, Du liebe herzensgute...
Ach, Du liebe herzensgute Frau...ich drück' Dich! :-*
Budenzauberin - 30. Mai, 14:58
au revoir
merci an die Knallgrauen für die hübsche Nische im...
blogistin - 30. Mai, 14:42
danke.
danke.
blogistin - 28. März, 18:25
Sekundenglueck 1:56
Nichts ist mehr wichtig. Und alles kann warten. (Danke...
blogistin - 14. März, 13:20

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