Dank u wel, Den Haag
Dakterras? Wo, bitte, ist die Dakterras? Ganz oben, klar. In einem Wirrwarr von Treppenauf- und Abgängen, inmitten vieler vieler vieler schwitzender und trinkender und essender und tanzender und pfeifender und wippender Menschen, offenbart sich das, was auf den ersten Blick wie ein Nebenausgang aussieht, als Tor zum Himmel. Unterschätzt, ja: völlig unterschätzt hatte ich, dass die Wege im Nederlands Congress Centrum lang sind und der Wechsel von einem zum anderen Konzert nicht mal eben in fünf Minuten zu machen ist, selbst wenn man ein Schnell-Geher ist wie ich.
Also verzichte ich schweren Herzens auf ein paar Takte der Afro Cuban All Stars und ebenso auf ein paar Töne von Herrn Callier, jetzt wiegt mein Herz allerdings Tonnen.
Die Dakterras ist bestuhlt, Gott sei Dank! Ich sitze. Ich schwitze. Ich sitze schwitzend in der zweiten Reihe und habe besten Blick auf die Bühne, auf der das ungewöhnlichste Set steht, das ich je sah. Statt Sabian & Sonor schlägt Matthew Herberts Schlagzeuger gleich Perrier & Castrol. Und links neben Herrn Herberts Reich gibt’s zwei Kochplatten, Töpfe, Pfannen, Tisch, Stühle und jede Menge Obst & Gemüse. „Nee, is klar, is ja auch Matthew Herbert“, denke ich mir.
Und obwohl ich den Eindruck habe, vom ersten bis zum letzten Moment, da er auf der Bühne ist, dass Herr Herbert heute nicht sonderlich gut drauf ist, macht es sehr viel Spaß, ihm beim Musik machen zu zusehen. Und nur darum geht es: Der Sound bei einem Festival kann nur schlecht sein, dazu gibt’s zu viel Geräuschkulisse rundherum, zu viele Menschen, die kommen, gehen, rascheln, tratschen, zu viel Trubel an den Snack- und Drink-Ständen, die es allüberall gibt. Zuzusehen, wie Herbert und seine Band Musik machen, zuzusehen, woher die Töne kommen, die mich auf Platte so sehr begeistern, das ist es, was ich will. Ich bin befriedigt, vollständig.
Ach – das Gekoche auf der Bühne hätte man sich in der Tat sparen können, verkohlter Toast riecht widerlich. Dieses kleine Nebenschauspiel hätte ich allenfalls amüsant gefunden, wäre es durch Herberts überaus attraktive und charmante Freundin Dani Siciliano präsentiert worden. Die moppelige Riesen-Blondine mit dem antiquierten Bob samt ihrer ungeschmeidigen Bewegungen passte einfach nichts ins Bild. Pardon.
Dass Frau Murphys Auftritt drei Etagen tiefer stattfindet, ist allerdings ein hübsches (Sinn-)Bild. Der Paul Acket Paviljoen ist viermal so groß wie die Dakterras und schon randvoll mit Menschen. Steh-Plätze gibt’s nur ganz außen, hinten, also irgendwo da, wo ein Mensch mit 170 Zentimetern Körpergröße allenfalls dann was sieht, wenn er hohe Schuhe trägt. Hohe Schuhe? Ich? Auf dem Festival der vielen Wege? Niemals. Sprich: Fünf Minuten Stehplatz, letzte Reihe, dampfendes schwarzes Zeltdach über mir, müffelnde wippende Männer links, rechts, vor mir, zwei Takte der wundervollen Stimme von Frau Murphy im Wechsel mit dem „Ich will ein Bier“-Dialog zweier Herren und einigen Beats der Jazz-Combo, die genau nebenan gerade einsetzt. Schlecht hören + nix sehen = weg hier!
Nächster Programmpunkt: Candy Dulfer Band with spezial guest Sheila E.
Weia! Eine dreiviertel Stunde lang ertrage ich Frau Dulfers Gedudel um dann vor dem mit 6000 schwitzenden Menschen überfüllten Saal bei Frischluft & Makrelenbrötchen via Großbildschirm einen Blick auf Frau E.s "Hau-drauf-und-Schluß!" zu erhaschen. Ich gestehe: Schlagzeuger sind mir viel lieber als Schlagzeugerinnen, ich habe schon nach dem Herbie Hancock Konzert böse böse böse über Terri Lyne Carrington geschimpft (und über Herrn Hancock, aber das ist eine andere Geschichte …).
Die Damen Dulfer & E. blasen und schlagen mit wippenden Tüddel-Röckchen den längst verblassten Prince-Beat und ich, ich wippe weiter …
zu: John Zorn & Acoustic Masada. Ja! Männer aus New York die Musik machen, das kann nicht schief gehen. Und wieder: Dakterras – ja! Ein Drummer, der mitten im schönsten Tempo seinen Stick verliert und mit einem Lachen den nächsten hervorzaubert, um ohne jeden Rhythmus-Verlust weiter die Snare zu bearbeiten – jaa! Ein Trompeter, der Till Brönner das Fürchten lehren könnte
Statt Maceo Parker (Welcher Saal? Wo? Wieso? Jetzt? Och …), der ja sehr tourfreudig ist und den ich mir sicher irgendwann einmal ansehen werde, gibt’s einen wunderhübschen Ausklang mit der Charly Parker Legacy-Band, basement – bebop – passt – perfekt.
blogistin - Mittwoch, 13. Juli 2005, 13:31
alst u blieft! (o;