Mittwoch, 3. August 2005

Eine Minute



Ohne vom Monitor ihres Computers aufzusehen greift sie mit der linken Hand nach der Schreibtischleuchte, zieht den Schirm ein wenig näher an sich heran und legt den kleinen Hebel um, die rechte Hand begleitet unaufhörlich den Weg ihrer Augen, zaubert Zick-Zackförmige Mauszeigerlinien, die Zeile für Zeile begleiten, als würde sie mit der Fingerspitze über die Seite eines Buches gleiten. Licht, denkt sie, löst den Blick vom Bildschirm und schaut durch eines der großen Fenster nach draußen. Licht an einem Nachmittag im August, denkt sie und beobachtet, wie sich Ahorn-, Akazien- und Buchenblätter der Allee, die die Straße vor ihrem Büro säumen, im Wind wiegen. Eine Minute nur, dann würde ihre Arbeit beendet sein, eine Minute nur, dann würde sich der Himmel entleeren über der Stadt, eine Minute nur.
Für Synchrones hatte sie schon immer eine Schwäche.

return to: Sender

returnto


Ich bekomme sehr gern Post, persönliche Post. Je häufiger eine E-Mail einen Anruf, eine Karte oder gar einen Brief ersetzt, desto mehr schätze ich diese analogen Dinge. Ich freu mich über greifbare Post, einen Umschlag, dessen umgeknickte Ecken auf eine lange Reise oder einen unordentlichen Postboten, der mal wieder versuchte, einen A4-Umschlag meinem A5-Kasten gefügig zu machen, schließen lassen. Schätze es, wenn ein Mensch sich einen Stift und ein paar Minuten Zeit genommen hat, um mir zu schreiben, und sei es auch nur, um einen Umschlag zu beschriften und dort irgendetwas hinein zu tun, das für mich bestimmt ist. Ein Foto vielleicht oder eine Tüte Lollies, wie die, die mir meine Freundin letzte Woche schickte, einfach so oder weil wir einander nur noch ein, zwei, drei Mal im Jahr sehen, nicht mehr so oft Lollies lutschen und Laster teilen und mitteilen können.
Letzte Woche bekam ich außer den Lollies noch eine weitere kleine Wundertüte zugeschickt. Eine Wundertüte mit einem hübschen Gruß aus meiner alten Heimat und zwei CDs eines Freundes*, die mir einen kleinen Einblick in seine Musik erlauben.
Im ersten Augenblick frage ich mich, ob ich diese Musik frei von Vor-Urteilen hören kann, schließlich hatten wir uns schon viel über Musik ausgetauscht, wenngleich der Austausch bisher eher darin bestand, dass ich plapperte, plapperte, schwärmte, schimpfte, schwärmte (ich danke jedem Menschen für seine Geduld, pauschal, im Voraus, mir zuzuhören, wenn ich über Musik rede, auch Ihnen, Herr. O, diesmal ist's im Nachhinein). Die Vor-Urteile, die ich befürchtete, würden darin bestehen, einfach gut finden zu müssen, was ich da hören würde, weil man sich kennt, dass ich hören würde durch den Filter der Verbundenheit vielleicht. Ich verwerfe den Gedanken gleich wieder, meine Ohren haben mich noch nie betrogen.
Die ersten Takte des Projekts Sender, da: ein Fender Rhodes – gewonnen Herr O.! Damit hatten mich die Herren Wesseltoft, Cary, Tenor und ach so viele andere sofort in der Tasche. Ein paar Takte später: Ich zucke für einen Moment zusammen, als ein Saxophon einsetzt. Mit dem Saxophon halte ich es wie mit Gesang: Leider selten gut, meist haperts daran, dass zu viele Klischees bedient werden. Das Saxophon drängt sich oft in den Vordergrund und tut so, als wäre es der Jazz persönlich, niemand sonst. Und Gesang, ach, fast möchte ich sagen: Wer nicht mit einer Stimme wie der von Frau Fitzgerald, Frau Callas, Herrn Gardel, Herrn Cura gesegnet ist (freilich, da gibt es noch viele andere), sollte einfach nur still sein. Fiese Liedzeilen, in denen fiepsige Bikini-Damen „Sunshine kiss my day till my love …“ oder „wisdom, wisdom is the truth“ wispern, tun ihr übriges. Beliebig, austauschbar ist solcher Gesang, bewegend allenfalls, direkt den Ausschalter zu betätigen.
Pardon, wo war ich? Mein Zucken ob des einsetzenden Saxophons: Das war nur ein klitzekleines Zucken, das Saxophon in dieser Runde ist ein wundervolles! Eines, das sich zurück halten, sich unterordnen kann und immer wieder dann in den Vordergrund tritt, bescheiden doch überzeugend, wenn das Keyboard mal wieder irgendwo eine hübsche Melodie hat fallen lassen, sie aufnimmt um sie fort zu tragen. Fein.
Immer wieder ist es der sehr entspannte Beat, der mich in ein Stück gleiten lässt und gerade, wenn sich an meiner Hirnrinde der Gedanke „… und jetzt: gebt Gas!“ formen will, waren sie, die Jungs, mal wieder schneller, drehen und wenden das Thema, peitschen die Beats hoch, lässt die Bassline meine Hände zucken.
Beim Austausch mit Herrn O. darüber, was wie gefällt, erfahre ich, dass ich da eine erste Rohfassung bekommen habe. Uuuh, ich hätte mich, hätte ich die Platte im Laden gekauft, lediglich über manch klitzekleinen Dialog zwischen den Musikern gewundert und nach den Worten „Live-Aufnahme“ im Booklet gesucht. Das mag gegen meine Ohren oder für Herrn O. sprechen. Wie auch immer, seit einer Woche gilt für meinen CD-Spieler: „return to: Sender“.

* Freund, wann verwende ich das Wort Freund? Verwende ich je das Wort Bekannter? Ich bezeichne wohl alle Menschen, denen ich mich verbunden fühle, wodurch auch immer, als Freunde. Verbundenheit respektive in meinem Sinne Freundschaft mag lediglich darin bestehen, dass man Interessen teilt, und nur darüber einander verbunden ist, in Verbindung bleibt. Das Wort kann gleichwohl für eine langjährige Freundschaft stehen, Freundschaft, die in tiefem Vertrauen gründet, Vertrauen, das jede Distanz, sei es Raum oder Zeit oder beides, überwindet und ansatzlos immer dort beginnt, wo man irgendwann irgendwo den Faden abreißen ließ oder abreißen lassen musste.)



PS: Nicht unerwähnt bleiben soll die zweite CD der Wundertüte. Schöne Interpretation bekannter Stücke mit zweimal Gitarre und einmal Bass. Aber das ist ein anderes Thema …

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