Nahtlos
Nahtlos. Nahtlos glitten die Jahre ineinander über. Nahtlos setze ich da an, wo ich vor Weihnachten aufhörte, schiebe mich selbst übers Fließband meiner Texterei, reihe Wörter an Wörter, versuche mich in Sätzen, übe mich in Interpunktion. Nahtlos gleitet Einfallslosigkeit in Ideenreichtum, wird aus Frust über Auftragsschreiberei Freude über meinen Beruf, Freude übers Sätze basteln, Glück über diese und jene wunderschön gelungene Illustration eines Kollegen. Nahtlos gleitet die Sonne, endlichendlich ein wenig Sonne, durch die blassen Wolken, deren Kontur sich kaum vom fahlen Graublau des Himmels abhebt. Nahtlos reihen sich die Orte aneinander, scheint Los Angeles neben Madrid neben Amsterdam neben Schloß Elmau zu liegen, Stadt an Stadt, Ort an Ort, nahtlos gleiten Bass und Klavier und Schlagzeug durch die Stücke auf dem Album "Places" von Herrn Mehldau, Brad Mehldau. Nahtlos reiht sich gute Nachricht an schlechte Nachricht, folgt auf Freude über das Bild eines hübschen kleinen neugeborenen Jungen Traurigkeit, Traurigkeit über Krankheit, Traurigkeit darüber, dass Orte nur auf "Places" ineinander übergehen, nahtlos, Traurigkeit darüber, dass ich nicht ebenso schnell wie Herr Mehldau von Perugia nach Paris von Neuheimat nach Altheimat gleiten kann, nahtlos.
Und nun, nun warte ich auf die nächste Passage. Traurigkeit? Freude? Glück? Nahtlos. Bitte.
blogistin - Mittwoch, 4. Januar 2006, 16:34
Herr Mehldau...
Was wäre das Leben ohne seine empfundenen Wechselbäder!?
Was empfehlen Sie als Starter für den Tag? (Gefallen hat mir auch Ihre Tageseinführung bei 'mindestens haltbar')
Gruß vom offline-pan tau
ebenso passend: dieses schöne stück von skalpel.
(dankeschön.)