Frühstücksfriedlichkeit
Ich ziehe die Vorhänge zu, zum ersten Mal seit Tagen, das Sonnenlicht dringt durchs weiße Leinen, das dünne weiße Leinen, das die Sonne ihrer grellen Kraft beraubt, das die Bewegungen der Luft, das Tippeln meiner Zehen auf zehn, fünfzehn Quadratzentimetern des Fußbodens neben meinem Stuhl mit kaum merklichem Schwingen quittiert. Louis Armstrong knurrt und schnarrt, sein Takt ist mein Takt „…sittin on a rainbow… life’s a beautiful thing as long as I hold the string …“, Louis singt nicht „wonderful“ wie Herr Sinatra in einer anderen Version dieses Stücks, „beautiful“ singt er. Mag die Frühstücksfriedlichkeit, morgens im Büro, eine Kanne Tee, ein Glas Milch, ein Honigbrot, ich liebe Honigbrot, den Gedanken der Schönheit des Lebens, der Schönheit des Augenblicks, vor dem leeren Schreibtisch zu sitzen, ein paar Zeilen aufzuschnappen hier, ein paar Zeilen dort, die Süddeutsche titelt auf dem Magazin Nr. 34 „Hallo Hollywood“ und widmet zwei Drittel des Heftes Clint Eastwood, die Autos, die für gewöhnlich an meinem Fenster vorbeirasen, scheinen heute zu schleichen. Mag den Augenblick, bevor ich mich auf Pflichten einlasse, ich zögere ihn gerne hinaus, diesen Augenblick, das Honigknäcke ist schon ein Weilchen nur eine Krümelspur auf einem Teller, noch eine Tasse Tee, ein bißchen den Dialogen zwischen Armstrong und Garcia über jenen "false start" lauschen, noch einen Augenblick bitte, „I’ve got the world on a string.“
blogistin - Freitag, 26. August 2005, 09:20