Mail von Marc Cary, der auf seiner Homepage seine Solo Polo Tour 2005 anpreist, leider ohne Termine, er beantwortet meine Nachfrage mit: "soon thank you but i don't know when. Peace marc cary." Peace, das geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Aufreibende Musik, ein wilder Pianist, Peace.
480 km, Richtung Maultaschen- und Brezelland, vorbei an Köln, just in dem Moment, da der Papst landet, Auf- und Abfahrten werden gesperrt, das Phänomen der stehenden Selbstbeweger werde ich nie verstehen. Rückenwind, dennoch.
Ankommen, ausladen, Wasser ins Gesicht, eine Tasse Kaffee mit Mama, gleich wieder weiter.
Fünfzehn Minuten in einem meiner Lieblingsgeschäfte. Einen klassischen, camelfarbenen Trenchcoat wollte ich schon immer haben. Ein klein wenig zu groß ist er. Ich mag Dinge, die mir zu groß sind.
Ankommen, zum zweiten Mal. Meine Freundin drückt mich fest an sich, ein viertel Jahr haben wir uns nicht gesehen. Ihr Make-up ziert mein T-Shirt. Wir drängen uns durch viele Menschen, Wein trinkende Menschen, blondierte, blonde, dunkelhaarige Frauen, Frauen mit selbst getönten Haaren in der fürchterlichen Farbe ‚Dunkle Kirsche’, Frauen mit hautengen Tops mit Glitzerträgerchen und Paillettenmustern, Männern mit modischen alles-was-noch-da-ist-kämme-ich-mir-tief-ins-Gesicht-Haarschnitten, Männer mit auffälligen Armbanduhren, Frauen auf hochhackigen Schuhen, Männer, die balzen und trinken und trinken und zwinkern, Frauen, die den Kopf in den Nacken werfen und mit Haarsträhnen spielen und mit Wimpern klimpern. Da stehen wir, trinken rosafarbenes Wasser mit Weingeschmack und lachen. Tragen bequeme Hosen, noch bequemere Schuhe und lachen. Nein, auf einen Mann hat sie gerade keine Lust. Nicht wenn der Preis ist, sich in ein viel zu enges, unbequemes Leben zwängen zu müssen. XS hat auch ihr noch nie gepasst.
Freitagmorgen, ich finde den Weg ohne auf eine Karte zu sehen, fahre einen kleinen Umweg, grün, grün, weit, wie früher. Ich bin pünktlich, D. öffnet die Tür just in dem Moment da ich klingele. Wir umarmen uns kurz, eineinhalb Jahre ist es her. Eine kurze Umarmung nur, nicht mehr. Wir sind nicht Arme und festhalten und drücken, wir sind einander Ohr, ganz Ohr, immer. Mal D., mal ich. Heute ich. „Himmel, du hast so unglaublich viel zu erzählen. Hört dir niemand zu, dort oben?“ Nein. Doch. Nächstes Thema, bitte. Wege, Umwege, Leidensfähigkeit, Hören und Zuhören, Schreiben, Ruhe, Fuß fassen, Hineinwachsen, Wurzeln, 3600 Sekunden Glück. D. schenkt mir soviel, zum Abschied schenkt sie mir eine kleine Pflanze aus ihrem Garten. „Vergiss nicht, sie braucht viel Pflege, so wie du. Mal sehen, wer von euch beiden schneller Wurzeln schlägt dort oben.“
Jason Marz, Rosin Murphy, James Blunt, Stuart Staples, Matthew Herbert, Forss, wir werfen die Namen hin und her, tauschen Musikstücke, essen Käsekuchen ohne Boden, vergleichen die PS-Zahlen unserer Autos, er erzählt mir von seinen meinen alten Freunden, seiner meiner alten Familie, vom Urlaub nächsten Monat, von allem, was es nicht mehr gibt in der Stadt und allem, was neu ist, wäscht mir die Haare, schneidet sie, ich föhne selbst „das kannst du eh besser“, er stellt mir eines seiner Wunderprodukte hin ‚Superstar Queen for a Day’, „Was macht das mit meinen Haaren?“ frage ich, die alte Dame neben mir lacht, ich warte, bis er wieder Zeit hat zum Reden, er zeigt mir sein neues Wakeboard, seine Wunden vom Unfall mit dem alten Brett, erzählt von einem fantastischen Muffin-Rezept, „Sagst du eigentlich auch manchmal noch ‚meine Frau’ wenn du von mir erzählst?“ frage ich, „Nein.“ sagt er und lacht, schließlich würden mich hier ja alle kennen, die Nennung meines Namens würde genügen. Stimmt, so einfach ist das, denke ich, lege eine seiner „da musst du garantiert heulen“-CDs ein, fahre weiter.
Spät geworden ist es, viel zu spät, habe keine Lust mehr auf schnellschnell und mehr Menschen. Durchatmen. Pause, für mich, drei Stunden nur, duschen, umziehen.
Und dann, dann kommt er. Und ich kann endlich endlich ein klein wenig Vergangenheit teilen. Mit meiner Zukunft.
Peace.
blogistin - Montag, 22. August 2005, 11:38